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An der größten Bildungseinrichtung Norddeutschlands, der Universität Hamburg, dominieren fortan wieder linke Kräfte die Vertretung der Studierendenschaft. Ein Bündnis aus linken und grünen Wahllisten unterstützt von den titanic-Jüngern der »Liste« und verschiedenen Fachschaften hat sich im Studierendenparlament (StuPa) auf eine Zusammenarbeit verständigt. Das StuPa wählt den Allgemeinen Studierendenausschuß AStA, der geschäftsführend die Interessen der Studenten vertritt. Hauptsächlich wird die Allianz getragen von der alternativen Regenbogenliste, dem Linkspartei-nahen Studierendenverband SDS und dem Zusammenschluß CampusGrün. Sie lösen eine Koalition ab, die von Studentengruppierungen der CDU, SPD und FDP gebildet worden war.
Artur Brückmann, neuer Referent für Soziales im kürzlich konstituierten AStA, sagte gegenüber junge Welt: »Nach einem Jahr Verwaltung des Elends durch RCDS, Jusos und Liberale Hochschulgruppe, wollen wir nun aus dem AStA wieder Mitstudierende anregen und ermutigen, zu diskutieren, sich zu organisieren und verändernd einzugreifen.«
Der versuchte Umbau von Hochschulen »zu Produktionsstätten von Humankapital« müsse zugunsten eines Ortes überwunden werden, an dem sich kritisch mit der Welt auseinandergesetzt werde, sagte Brückmann, der beim SDS aktiv ist. Ein linker AStA verbinde hochschul- und wissenschaftspolitische Fragen immer mit dem gesellschaftlichen Kontext und treibe »die sozialen Kämpfe mit voran«.
Zwei politische Themen sind für die Studierenden von zentraler Bedeutung. Das ist die Friedensorientierung der Hochschule sowie die Auseinandersetzung um eine bedarfsgerechte Ausfinanzierung. Franziska Hildebrandt, ebenfalls aktiv im SDS und neugewählte Referentin für Hochschulpolitik, sagte junge Welt: »Eine klare Friedensposition ist die Kernposition des neuen AStA.« Gegen die Indienstnahme der Universität durch den militärischen Komplex wollen Hildebrandt und ihr Team »durch die Etablierung einer Zivilklausel einen demokratischen Prozeß befördern, der sich mit der Verantwortung der Hochschulen auseinandersetzt, für eine friedliche Entwicklung der Welt beizutragen.« An mehreren deutschen Universitäten gibt es solche Selbstverpflichtungen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen. Die erste Zivilklausel trat 1986 an der Universität Bremen in Kraft, angeschlossen haben sich inzwischen unter anderem die TU Berlin, Universitäten in Rostock, Dortmund, Göttingen, Kiel, Tübingen, Kassel, Münster, Konstanz sowie die Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Im Herbst ist ein bundesweiter Zivilklausel-Kongreß an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg geplant.
Kritisch bewertet der neu gebildete AStA auch die Umsetzung der europäischen Studienreform, die als Bologna-Prozeß bekannt ist. Sie sei als »Unterwerfung des Studiums unter die Verwertungslogik und somit als Teil der neoliberalen Ideologie gescheitert« heißt es in einem Strategiepapier, das jW vorliegt. Die Bologna-Reform müsse »grundlegend überarbeitet werden«. Auf Konfrontationskurs gehen die Studierenden auch mit dem SPD-geführten Hamburger Senat. Dessen Hochschulgesetz sei »undemokratisch, politisch falsch, gesellschaftlich schädlich und juristisch verfassungswidrig«. Damit mischt sich der AStA in die laufende Debatte um die Novellierung des Hamburger Hochschulgesetz ein. Gleichzeitig wird eine bedarfsgerechte Ausfinanzierung von Forschung und Lehre gefordert, »damit diese ihrer Verantwortung gerecht werden kann, für eine sozial-ökologische Gesellschaft zu wirken«.