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Wahl in Spanien – Was können wir lernen?

Platzbesetzung des "Puerta Del Sol" 2011 in Madrid, Quelle: AFP PHOTO/ DANI POZO
Platzbesetzung des „Puerta Del Sol“ 2011 in Madrid, Quelle: AFP PHOTO/ DANI POZO

Nach den Parlamentswahlen in Spanien am 20.12.2015 ist das korrupte Zwei-Parteien-System aus neoliberalen Sozialdemokraten (PSOE) und Konservativen (PP) politisch implodiert – und deren Austeritätspolitik der letzten Jahre gleich mit. Während die PP 16 Prozentpunkte (3,7 Mio. Stimmen) verliert, kommt die linke Alternative PODEMOS neu auf 20,6%. Schon bei den Kommunalwahlen im Mai 2015 wurde deutlich, dass die massiven sozialen Proteste der letzten Jahre auch in den Wahlen nachvollzogen werden: In den größten Städten wurden Menschen aus den sozialen Bewegungen mehrheitlich in Parlamente und Rathäuser gewählt. Seit bspw. die Aktivistin Ada Colau Bürgermeisterin von Barcelona ist, sind zum ersten Mal die Gedenkfeiern zu Francos Tod verboten worden, wurde die Kandidatur für Olympia 2026 zurückgezogen und Leerstand ist zu Sozialwohnungen und sozialen Zentren zwangsumgewandelt worden.

Ob die Selbstorganisierung der hunderttausenden von Zwangsräumung betroffenen Menschen, die selbsternannte „weiße Flut“ von Krankenhauspersonal, Patient*Innen und Migrant*Innen für eine öffentliche, inklusive Gesundheitsversorgung oder die Marchas de la Dignidad mit millionfacher Beteiligung, sie alle eint ein Ziel: Gegen die Inwertsetzung jeder Facette von Mensch und Natur durch neoliberale Austeritätspolitik soll die soziale, ökologische und friedliche Entfaltung menschlichen Lebens erkämpft werden unter demokratischer Beteiligung aller. „Ich denke die Gesellschaft hat nach den langen Jahren des Konsumismus und der Vereinzelung in dieser Hinsicht viel gelernt. Lange ist Politik, wenn überhaupt, nur als Verwaltungsproblem von Einzelnen behandelt worden. Man hat ignoriert, dass es um entgegengesetzte soziale Interessen geht. Ich denke, wir haben verstanden, dass Verantwortung nicht wegdelegiert werden darf.“ (Ada Colau, 2014, Mitgründerin des Netzwerks für von Hypotheken Betroffene PAH)

Die soziale Alternative zum anti-sozialen Neoliberalismus zu bilden und durchzusetzen ist nicht nur in Spanien aktuell und heiß umkämpft. Mit „Bologna“ und „Unternehmerischer Hochschule“ wurde den Hochschulen eine neoliberale Rosskur verordnet: fortan sollte Studium ausschließlich die Erlangung von „arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger“ sein (Bologna-Erklärung 1999). Das Hochschulsystem sollte komplett dem Ziel unterworfen werden, zum „wettbewerbfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ (Lissabon-Strategie der EU 2002) beizutragen. Doch der generelle Legitimationsverlust der neoliberalen Predigten ist auch im Wissenschaftsbereich erreicht worden: die studentische Bewegung erkämpft(e) über den Bildungsstreik 2009, die bundesweite Abschaffung der Studiengebühren und fundamentale Bachelor-Master-Kritik und praktizierte -Alternativen die mehrheitliche Ablehnung von „Bildung als Ware“ und „Studierende als Konsument*Innen“ und die Befürwortung kritischer Wissen- schaft. Doch die institutionelle Deformation wirkt (noch) weiter nach. Die Verantwortung für gesellschaftliche Verbesserungen  insbesondere der Hochschule – darf nicht von uns wegdeligiert werden. Das hat – wie Spanien zeigt – für weitere Reformen und dynamische Aufbrüche hohe Bedeutung.

Die aktuellen Wahlen zum Studierendenparlament (Urne vom 11.-15.01.2016) und Akademischen Senat (Brief bis zum 18.01.2016) finden also in dieser weltweiten Auseinandersetzung statt: Wird die Krise tendenziell nach links beantwortet und human gelöst (wie aktuell in Spanien, Griechenland oder im Hamburger Olympia-Referendum) oder soll die Konkurrenz um die künstlich verknappten Mittel weiter von rechts verschärft werden (wie aktuell noch in Frankreich oder Polen)? Die aufgerufenen Etappenerfolge zeigen die Richtung an: Wenn wir uns für die solidarische Alternative zusammentun, haben wir nichts zu verlieren als unsere Ketten, und eine Welt zu gewinnen. Dieser progressiven Auffassung muss auch in den aktuellen (Uni-) Wahlen Ausdruck verliehen werden.

Flyer als PDF gibts hier