Presse

Pressemitteilungen vom SDS Uni Hamburg:  Pressemitteilungen

Aus der Presse:

die tageszeitung, 09.06.2011

http://www.taz.de/!72246/

Alles fest im Auge

Die Hamburger Polizei überwachte das Dauercamp protestierender Studenten mit einer Videokamera. Nach einer Klage wurde die Maßnahme eingestellt.von KAI VON APPEN

Überwacht: das Demo-Camp der Studierenden.  Bild:  dpa

Die Polizei hat das studentische Protest-Zeltcamp „Alternative Uni“ an der Alster mit einer Videokamera observiert, obwohl es selbst von der Polizei als „Versammlung“ eingestuft wurde.

Rechtsanwältin Cornelia Ganten-Lange beantragte am Mittwochabend für die Versammlungsleiterin Franziska Hildebrandt von der SDS-Hochschulgruppe der Linkspartei beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen den Grundrechtseingriff.

Wie berichtet, hatten am Dienstag 15.000 Studierende gegen die Sparpolitik an den Universitäten in der Innenstadt protestiert. Ursprünglich sollte der Protest auf dem Rathausmarkt mit einer friedlichen Platzbesetzung fortgesetzt werden.

Wegen der Bannmeile ist jedoch der dreitägigen „Alternativ Uni “ samt Zelten das Terrain Reesendammbrücke, Jungfernstieg, Ballindamm zugewiesen worden. Was die Studierenden nicht wussten, dieser Kreuzungsbereich kann mit einer Videokamera eingesehen werden, die der Verkehrsüberwachung dient.

Doch nach taz-Informationen machte die Polizei zu Observationszwecken Tag und Nacht von der Kamera Gebrauch, um die Camp-Teilnehmer zu beobachten, und zu verhindern, dass die Studenten nicht plötzlich doch ihre Zelte auf den Rathausmarkt verlegen oder Transparente an Fahnenmasten aufgehängt und Lagerfeuer entzündet würden.

Für Verwaltungsrechtlerin Ganten-Lange eine klare rechtswidrige Maßnahme, auch wenn sich die Polizei darauf berufen wollte, nur Übersichtsaufnahmen auf einen Monitor übertragen zu haben. „Das bloße Beobachten der Teilnehmer stellt bereits einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar“, sagt sie.

Bei Videoüberwachung bestehe jederzeit die Möglichkeit, „von Übersichtsaufnahmen auf Nahaufnahmen überzugehen und einzelne Teilnehmer der Versammlung einzeln zu erfassen“.

Am Donnerstagmorgen teilte die Polizei dem Verwaltungsgericht in einem Schreiben unter der Überschrift „Videoüberwachung einer Versammlung unter freien Himmel“ dann mit, dass die „Position der Verkehrskamera“ nach Eingang der Klage „unverzüglich“ verändert worden sei und nur noch der westliche Teil des Jungfernstiegs erfasst werde. Das Verwaltungsgericht erklärte das Verfahren daraufhin für erledigt.

Wieso es überhaupt zu dem rechtswidrigen Vorgehen gekommen ist, kann Polizeisprecher Mirko Streiber nicht sagen: „Wir klären das noch ab, warum das gemacht wurde.“

Hildebrandt freut sich über den Erfolg für die Versammlungsfreiheit. „Es ist ein rechtsstaatlicher Skandal“, sagt sie, „dass die Polizei unter dem SPD-Innensenator Neumann friedliche Studierendenproteste kriminalisiert und mit einer Videokamera rechtswidrig observieren lässt.“

Das Plenum des Aktionscamp habe beschlossen, die Dauerkundgebung wegen der rechtswidrigen Videoüberwachung bis Freitagnachmittag zu verlängern.

 

 

die tageszeitung, 19.03.2011

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ha&dig=2011%2F03%2F19%2Fa0249&cHash=bbd603bfe2

„Wann, wenn nicht jetzt?“

Demo für den sofortigen weltweiten Atomausstieg

taz: Herr Krauß, sieben von 17 Atomkraftwerken in Deutschland sollen vorerst vom Netz gehen. War das Erdbeben in Japan eine Gehirnwäsche?

Moritz Krauß: Das glaube ich nicht. Viele in der CDU und FDP halten die Atomenergie noch immer für eine geeignete Brückentechnologie. Mit dem Moratorium soll Zeit gewonnen werden, um die Anlagen sicherer zu machen und weiter zu betreiben.

Was kann man tun?

Viel, indem man den Stromanbieter wechselt oder demonstrieren geht. Ein sofortiger Ausstieg wäre ein wichtiges Signal. Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Anti-AKW-Bewegung ist doch viel älter als das Beben in Japan und noch immer gibt es Kernkraftwerke. Das ist frustrierend.

Und mit wie vielen Menschen rechnen Sie heute?

Wir erwarten zwischen 2.000 und 3.000 Teilnehmer. Sprechen werden Vertreter aus Gewerkschaften, Kirchen und Umweltverbänden.

Was war eigentlich Ihr Auslöser, sich zu engagieren?

Meine Eltern waren schon gegen Atomkraft, ich bin so aufgewachsen. Seit dem ich in Hamburg lebe, habe ich mich mit vielen Menschen vernetzt. Als wir im SDS, der Hochschulgruppe der Linken, am vergangenen Freitag die ersten Bilder aus Japan gesehen haben, dachten wir uns, dass es Zeit wird, etwas zu tun.
INTERVIEW: JOHANN LAUX
Auftakt der Demo: Von 13 bis 14 Uhr vor Vattenfall in der Mönckebergstraße. Dann geht’s über die Bergstraße und den Reesendamm zum Rathausmarkt zur Abschlusskundgebung von 14.30 bis 16 Uhr

 

 

Hamburger Abendblatt, 09.06.2010

http://www.abendblatt.de/hamburg/article1524875/Studenten-setzen-beim-Bildungsstreik-auf-Ironie.html

Studenten setzen beim Bildungsstreik auf Ironie

Mit ihrem Motto „Bildungsadel stoppen – Elite für alle“ wollten sie provozieren und Aufmerksamkeit gewinnen: Rund 40 Studenten der Universität Hamburg veranstalteten gestern auf dem Rathausmarkt eine Kundgebung zum Volksentscheid zur Schulreform am 18. Juli. „Wir haben uns extra für eine satirische Aktion entschieden, an der sich die Leute reiben können“, sagte die angehende Politikwissenschaftlerin Annika Casarzik. Über Ironie zum Nachdenken anregen – das sei das Ziel der protestierenden Studenten gewesen. „Wir wollten deutlich machen, dass in der Hochschul-, aber auch der Schulpolitik einiges falsch läuft“, sagte die 22-Jährige. „Wir sind für eine Schule für alle und gegen eine soziale Selektion.“ Zeitgleich besetzten Studenten im Rahmen der bundesweiten Bildungsstreikwoche die Hochschule für Wirtschaft und Politik.(fbe)

 

 

Hamburger Abendblatt, 13.01.2010

http://www.abendblatt.de/hamburg/article1340049/Zerstoerung-von-400-Plakaten-verschaerft-Wahlkampf-an-der-Uni.html

Zerstörung von 400 Plakaten verschärft Wahlkampf an der Uni

Plakate von Jusos und den Grünen wurden abgerissen und zertreten. Parteien sehen in den Linken die Schuldigen. Die streiten ab.

Für Séverin Pabsch (Juso), Vorstand AStA Universität Hamburg, steht fest, wer die Plakate zerstört hat. Auf dem Bild ist er im Gespräch mit Dr. Herlind Gundleach (l.), Wissenschaftssenatorin der Stadt Hamburg zu sehen.
Foto: Bertold Fabricius/Pressebild.de/Bertold Fabricius

Hamburg.
Noch bis Freitag wählen die Studierenden der Uni Hamburg ihr neues Parlament. Nun verschärft sich der Wahlkampf: Unbekannte hatten im Dezember 400 Plakate der Hochschulliste der Jusos abgerissen oder zusammengetreten. Für AStA-Chef Séverin Pabsch (Jusos) scheint der Fall klar: Denn er beschuldigt Kandidaten der Linken/SDS, viele seiner Plakate beschädigt zu haben. „Schockierend, dass das unsere Mitbewerber waren“, sagt er. Schwarze Gestalten, die auf dem Campus Plakate zertreten oder abziehen, hat Ingo Balzereit beobachtet, Vorsitzender von Campus Grün. Auch seine Plakate wurden beschädigt. Martina Helmke, Kandidatin der Linken/SDS, weist die Vorwürfe der Jusos zurück. Die „infamen Unterstellungen“, dass Mitglieder ihrer Liste Plakate abreißen, seien aus den „Fingern gesogen und haltlos“.

Die Wahl zum Studierendenparlament ist heiß umkämpft: Die acht Referenten des AStA bestimmen über ein Budget von 700 000 Euro pro Jahr, Geld aus dem Haushalt der Uni Hamburg. Sie setzen sich in der Öffentlichkeit für die Interessen der Studierenden ein, organisieren Rechts-, Sozial- und Studienberatung, helfen bei BAföG und Steuern, organisieren und finanzieren Partys und Festivals. Viele Aktive können nur noch in Teilzeit studieren oder müssen sich ganz von ihrem Studium beurlauben lassen. 600 Euro bekommen sie im Monat – für zehn Stunden Arbeit am Tag, wie Séverin Pabsch schätzt.

Unfaire Methoden in der politischen Auseinandersetzung sind an der Uni Hamburg nicht neu: In den Büros des AStA zeugen noch Überwachungskameras davon. Sie müssen seit dreieinhalb Jahren hängen – die Versicherung verlangt das. Damals wurden Scheiben eingeworfen und Wände beschmiert, nachdem die Mehrheit im Studierendenparlament an die Jusos wechselte.

Auch heute, sagt Martina Helmke, gebe es große persönliche Feindschaften zwischen Kandidaten. Doch trotz der Spannungen zwischen den Kandidaten ist das Interesse der Studierenden insgesamt an ihrer eigenen Vertretung gering, besonders im Vergleich zu der Zeit der Studentenproteste in den 1960er-Jahren. Die Wahlbeteiligung an der Uni Hamburg liegt bei knapp über 20 Prozent, obwohl die Studierenden den ganzen Dezember über per Brief und – wie jetzt – in einer Januarwoche an der Urne wählen können. Und das ist eine vergleichsweise hohe Quote: 2009 lag die Wahlbeteiligung in ganz Deutschland bei acht Prozent.

Nach den Vorwürfen spricht Martina Helmke von einer „Schmutzkampagne“, die die Jusos aus Angst vor Stimmenverlusten gestartet hätten. Bisher stellen die Jusos die stärkste Fraktion. Sie sind unter Druck, nachdem sie dem neu gewählten und bei Studenten umstrittenen Uni-Präsidenten Dieter Lenzen die Zusammenarbeit angeboten hatten. (hpfe)

 

 

die tageszeitung, 19.07.2009

http://www.taz.de/!37777/

„Der Sozialismus ist nicht gescheitert“

Als die Mauer fiel, drückte Florian Wilde in Kiel die Schulbank. Inzwischen ist er Historiker und steht im Dienst der Linkspartei: Er berät sie in Sachen Geschichte und soll zugleich ihre stalinistischen Rückstände auskehren.Interview CHRISTIAN JAKOB

Will die DDR nicht verklären, ihre Errungenschaften aber auch nicht vergessen: Florian Wilde.  Bild:  Miguel Ferraz

Florian Wilde, 32 ist seit 2007 einer der Sprecher der Historischen Kommission der Linkspartei.PDS, die unter anderem damit beschäftigt ist, die stalinistischen Altbestände der Partei einzudämmen.Der Historiker ist in Kiel aufgewachsen, lebt in Hamburg und promoviert zurzeit über die Biografie des antistalinistischen KPD-Vorsitzenden Ernst Meyer (1877-1930). Bis April dieses Jahres war Wilde Mitglied im Bundesvorstand des Linkspartei-nahen Studierendenverbandes Die Linke.SDS

taz: Herr Wilde,Sie sind jung und in Westdeutschland aufgewachsen. Fühlen Sie sich da qualifiziert, im Auftrag der SED-Nachfolgepartei die DDR zu beurteilen?

Florian Wilde: Wir beraten den Parteivorstand ja allgemein zu historischen Fragen – etwa zum Komplex 1968 oder zum 90. Jubiläum der Novemberrevolution. Die DDR ist zwar nicht mein Spezialgebiet, aber als marxistischer Historiker fühle ich mich schon qualifiziert, das zu beurteilen.

Können Sie sich an Ihren ersten DDR-Besuch erinnern?

Ja, ich war 1989 vor der Wende mit meinen Eltern in Berlin.

Und wie wars?

Eine sehr verstörende Erfahrung: Die Grenzkontrollen, die Polizei, das war extrem abschreckend. Ebenso wie der Blick über die Mauer, das Gefühl, diese eingesperrten Menschen zu sehen. Das wirkte auf mich wie ein Großraumgefängnis.

Sie hätten dort also nicht leben wollen?

Nein. Mit meinem politischen Engagement hätte ich da wohl mit den Autoritäten große Schwierigkeiten gekriegt.

Können Sie sich noch an die Zeit des Mauerfalls erinnern?

Wir haben das am Fernseher verfolgt, ich war total begeistert, als die Mauer gefallen ist. Zwei Tage später haben meine Eltern wildfremde Ostdeutsche aus der Innenstadt mit nach Hause gebracht, die haben uns dann auch zu sich eingeladen.

Wie würden Sie die Wende beschreiben?

Eingeleitet wurde sie von einer breiten Massenbewegung mit antistalinistischer Stoßrichtung. Die Leute wollten eine demokratische Revolution in der DDR. Es gelang den westdeutschen Eliten aber schnell, sie auf eine Wiedervereinigung zu orientieren.

Den Montagsdemonstranten wurde der Ruf nach Einheit von der BRD souffliert?

Zuerst hieß es nur: ,Wir sind das Volk‘, dann erst: ,Wir sind ein Volk.‘ Natürlich wollten die westdeutschen Eliten die Einheit, und natürlich haben die sofort entsprechend interveniert.

Ohne eine entsprechende Offenheit der Ostdeutschen wäre das wohl folgenlos geblieben.

Die Menschen hatten auch Hoffnungen auf soziale Veränderungen. Und als Kohl mit den Bananen wedelte und blühende Landschaften versprach, hieß das: Allen Menschen wird es schnell viel besser gehen. Dieses Versprechen war ein wesentlicher Grund dafür, dass die DDR abgeschafft werden konnte.

Und das hat sich nicht erfüllt?

Demokratischen Fortschritt gab es natürlich. Die Aussichten auf soziale Verbesserungen haben sich aber nur bedingt erfüllt. Es gab eine umfassende Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit und eine Verödung ganzer Landstriche.

Kulturell verödet war die DDR ja vorher schon, und die Vollbeschäftigung dort war eher eine Art sozialistischer Beschäftigungstherapie in maroden Betrieben …

Mag sein, aber dies führte immerhin nicht zum gesellschaftlichen Ausschluss wie Arbeitslosigkeit jetzt. Und die Wiedervereinigung hatte eine Welle von Rassismus und neuer deutscher Großmachtpolitik – mit der Bereitschaft zu weltweiten Kriegseinsätzen – zur Folge.

Im November jährt sich der Mauerfall zum 20. Mal, der Kampf um die Deutungshoheit über die DDR wird sich zuspitzen. Wie bereiten Sie sich auf dieses Datum vor?

2009 ist ja ein doppeltes Jubiläum: 60 Jahre Staatsgründung von BRD und DDR und 20 Jahre Mauerfall. Wir arbeiten an einer Erklärung, in der wir versuchen, die DDR nicht nur von ihrem Ende zu betrachten, sondern die Legitimität der zwei deutschen Staaten aus dem historischen Kontext heraus zu erklären.

Legitimität? Die Alliierten wollten die Blockkonfrontation institutionalisieren …

Natürlich war die Blockkonfrontation ein Grund für die DDR-Gründung. Es war aber auch der Versuch, andere Lehren aus der Zeit des deutschen Faschismus zu ziehen als im Westen.

Welche denn?

Anders als im Westen konnten in der DDR die alten Nazis nicht wieder in führende Positionen aufsteigen. Außerdem hat man dort versucht, die ökonomischen Eliten, die 1933 die Nazis mit an die Macht gebracht hatten – Großgrundbesitzer, Schwerindustrielle, Finanzkapital – konsequent zu entmachten.

Laut Parteivorstandsbeschluss soll Ihre Kommission „dem Einfluss medial vermittelter Geschichtsinterpretationen politisch vorherrschender Kräfte etwas entgegensetzen“. Wer sind denn diese Kräfte?

Der westdeutsche Mainstream, von sozialliberal bis rechtskonservativ. Deren Erzählung läuft darauf hinaus, den Kapitalismus als alternativlos darzustellen – und dazu zieht man 1989 heran. Die DDR wird als sozialistisch gezeichnet, um den Sozialismus generell zu diskreditieren.

Die DDR war also nicht sozialistisch?

Das Dutschke-Wort gilt: Im real existierenden Sozialismus war alles mögliche real, aber nicht der Sozialismus. Im Arbeiter- und Bauernstaat herrschte eine Staats- und Parteibürokratie, nicht das Volk.

Und welche Deutung setzen Sie dem entgegen?

Dass der Sozialismus mit der DDR nicht grundsätzlich gescheitert ist. Die Widersprüche der Gesellschaft verlangen nach wie vor nach Alternativen. Deswegen ist es so wichtig, die DDR nicht zu glorifizieren. Demokratie und Sozialismus gehören untrennbar zusammen, und deshalb scheidet die DDR als Vorbild der Zukunft aus. Zum anderen versucht die herrschende Geschichtsschreibung, die deutsche Geschichte auf eine Erfolgsstory West zu verengen – womit die DDR-Bürger zugleich als Loser abgestempelt werden.

Ihre zweite Aufgabe ist es, der „Konservierung überholter Geschichtsdeutungen in Teilen der Mitgliedschaft“ entgegenzutreten. Welche Deutungen sind dies?

Im Gegensatz zum Mainstream im Westen versuchen einige, meist ältere Parteimitglieder, quasi spiegelverkehrt, die DDR als große sozialistische Errungenschaft hinzustellen. Wenn wir sozialistische Perspektiven offen halten wollen, dürfen wir diesen Schritt der Identifizierung nicht mitgehen.

Wie viele Linke-Mitglieder sind es denn, deren Geschichtsbild als „überholt“ gelten muss?

Es gibt bei einem Teil der Mitgliedschaft schon noch stalinistische Vorstellungen, der ist aber marginal.

Wie geht man mit dem um?

Es gibt Auseinandersetzungen, zum Beispiel mit dem Ältestenrat, der in Teilen einen positiveren Bezug zur DDR-Vergangenheit vertritt. Darüber diskutieren wir solidarisch mit denen, und das gehört zu einer pluralen Partei dazu. Ich bin aber sicher, dass ein großer Teil der Mitglieder unser Geschichtsbild teilt.

Seit der Fusion mit der WASG?

Die hat das natürlich gestärkt, weil Kräfte mit ganz anderen Traditionen hinzugekommen sind. Ein Bruch mit dem Stalinimus gehörte aber schon zum Gründungskonsens der PDS.

Hatte die DDR gute Seiten?

Die erwähnte Entmachtung der alten Nazis, billige Mieten, günstiger Nahverkehr, ein egalitäres Bildungssystem. Und die außenpolitische Unterstützung der antikolonialen Bewegungen …

…, die oft ziemlich schnell in einen autoritären Stalinismus kippten.

Das mag sein, aber im Vietnamkrieg etwa stand die DDR auf Seiten der Unterdrückten und die BRD auf Seiten der Unterdrücker.

Aktuelle Studien zeigen, dass der Anteil der Menschen, die die DDR positiv sehen, steigt. Vor allem unter SchülerInnen. Wie gehen Sie mit solcher Verklärung um?

Das hat sicher mit enttäuschten Hoffnungen zu tun. Wenn wir aber sozialistische Alternativen stark machen wollen, dann müssen wir die Einheit von Demokratie und Sozialismus klarmachen. Die massiven Demokratiedefizite, die starke autoritäre Bevormundung der Bevölkerung und die heftige Repression gegen Dissidenten in der DDR dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Trotzdem kann man nicht die DDR nur als Negativfolie für die Erfolgsgeschichte der BRD begreifen.

 

 

die tageszeitung, 17.06.2009

http://www.taz.de/!36280/

Streiken für die eigene Bildung

Bis zu 50.000 SchülerInnen und Studierende sind am Mittwoch in Norddeutschland auf die Straße gegangen. Sie kritisierten den Leistungsdruck, große Klassen, das Turbo-Abitur und die Bachelor-Master-Struktur.von KAIJA KUTTER UND TERESA HAVLICEK

„Reiche Eltern für alle“ und „Bildung umsonst“, das forderten mehrere tausend SchülerInnen in Norddeutschland. Hier die Bildungsstreikenden in Hamburg.   Bild:  dpa

Viele Tausend SchülerInnen und Studierende im Norden sind Mittwoch früh dem Aufruf zum Bildungsstreik gefolgt. In Hamburg zogen über 13.000 vom Uni-Campus zum Rathausmarkt. In Bremen waren es 3.000, in Rostock 1.500, in Flensburg und Heide 2.000 und in zahlreichen niedersächsischen Städten wie Braunschweig, Hannover und Göttingen gingen nach Polizeiangaben insgesamt etwa 30.000 Schüler für bessere Bildung auf die Straße. Der Landesschülerrat sprach gar von 53.000 DemonstrantInnen.

Die Proteste in Hamburg richteten sich gegen die Hochschulreformen der jüngsten Zeit und gegen die Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz. Schon am Vorabend hatten Studierende eine Live-Talkshow gestürmt, weil sie dort ausgeladen worden waren.

Die Aktionen auf dem Campus, auf dem nach und nach die SchülerInnen aus der ganzen Stadt eintrafen, begannen dann auch mit „Hupen gegen Moni“. Später stürmte sogar eine Demo-Abordnung mit den Rufen „schmeißt die Präsidentin raus“ durch das Uni-Hauptgebäude.

In Niedersachsen richteten sich die Proteste vor allem gegen das neue Schulgesetz, das die Gesamtschulen zum Turbo-Abitur zwingt. Das war auch in Hamburg ein Thema. Schüler und Studierende sehen sich als Opfer der gleichen Politik. Das verkürzte Abitur, G8 genannt, und die Bachelor-Reform führe zu „Bulimie Lernen“ stand auf einigen Transparenten. Hinzu kommt, dass viele Länder mit der „Profiloberstufe“ die Wahlfreiheit einschränken. „Das Abitur in zwölf Jahren ist Druck genug“, sagte die 15-jährige Antonia vom St. Angar Gymnasium. „Jetzt müssen wir Fächer im Paket wählen.“

„Wir haben an einem Tag sogar Schule bis 18 Uhr“, ergänzt Gymnasiastin Charlotte (16), die als eine der ersten in Hamburg das schnelle Abitur durchmacht. Das sei „Stress pur“, der an der Hochschule mit dem Bachelor-Master-System „wohl nicht weniger“ werde. Das können zwei Ökotrophologie-Studentinnen der Fachhochschule nur bestätigen. „Wir haben keinen Freiraum, uns zu entfalten, und müssen immer nur für Klausuren lernen“, sagt Studentin Uli. Pro Semester gebe es bis zu zehn Klausuren. „Ich muss für eine einzige davon mehr lernen als für meine drei Prüfungen im Abitur.“ Sie seien auch nur zu zweit gekommen – weil die anderen gerade lernen.

„Die Hochschulen werden heute von einer Generation von gestressten und gehetzten und verängstigten Studis bevölkert“, sagte Florian Wilde von der Hochschulgruppe Die Linke-SDS. „Sie haben kaum noch Zeit, nach links und rechts zu schauen, so erschlagen sind sie von überfüllten Seminaren, Anwesenheitspflicht und Leistungsdruck.“ Da sei die Demo ein Erfolg.

Zu den Forderungen gehört auch kostenlose Bildung. Sehr viele am Streik beteiligte SchülerInnen bemängeln aber zuerst, dass ihre Klassen zu laut und zu voll sind. „Ich bin für die Schule für alle. Und für nur 15 Kinder in der Klasse mit zwei Lehrern“, sagt der elfjährige Alex. Natalia (14) geht gegen „Lehrer, die ungerecht benoten“ auf die Straße. In Bremen zogen SchülerInnen mit Transparenten wie „Wir haben diese Schule satt“ und „Wir sind mehr wert als Opel“ auf die Straße.

Die SchülerInnen hätten durchweg positiv auf den Streikaufruf reagiert, sagte Simon Heller vom Bremer Bündnis SchülerInnenstreik. Dennoch nahmen deutlich weniger teil als bei der letzten Schüler-Demo im Herbst, zu der gut 8.000 gekommen waren.

Einige hätten Angst, “dass das Ganze nichts bewirkt”. Zudem beteiligten sich viele wegen des Lernstresses angesichts der anstehenden Klausuren kurz vor Zeugnisvergabe nicht. “Aber genau dieser Stress”, sagt Heller, “ist eines der Probleme, die wir am Schulsystem kritisieren.”

 

 

UniSPIEGEL 1/2008

http://www.spiegel.de/spiegel/unispiegel/d-55860252.html

Die letzte Schlacht

Von POLIER, XENIA VON

Die Partei Die Linke umwirbt mit großem Aufwand studentische Unterstützer, um in den westlichen Bundesländern Fuß zu fassen. In Hessen und Niedersachsen war die Strategie erfolgreich – jetzt soll Hamburg folgen.

Christoph Timann, 29, braune Haare, schwarze Brille, hat einen Traum: eine Welt, in der alle Menschen sorgenfrei sind und solidarisch miteinander umgehen.

An den Universitäten dieser Traumwelt dürfen Hochschüler studieren, was und wie lange sie wollen. Kein fieser Numerus clausus hindert sie daran, sich in ihre Lieblingsthemen zu vertiefen, ein Abiturzeugnis ist nicht vonnöten. Zeitdruck und Jobängste des noch existierenden „kapitalistischen Systems“ sind unbekannt: Das Studium ist kostenfrei, für ihre Bemühungen in der Studierstube bekommen die Akademiker eine monatliche Grundversorgung vom Staat ausbezahlt.

An dieser Agenda arbeitet Timann, Philosophiestudent im 18. Semester, mit einer vor einigen Monaten neu gegründeten Hochschulgruppe, deren Hamburger Verband er vorsteht: Die Linke.SDS, die Hochschulorganisation der Linken, wirbt bundesweit um studentische Unterstützer – auch für die Mutterpartei.

Die Offensive an den Unis ist Teil der Expansionsstrategie in Richtung Westen, mit der sich Die Linke als gesamtdeutsche Partei zu etablieren versucht. In Bremen, Niedersachsen und Hessen gelang ihr bereits der Sprung in westdeutsche Landesparlamente, in Hamburg soll die große studentische Wählerschaft mithelfen, diesen Erfolg bei der Bürgerschaftswahl am 24. Februar zu wiederholen.

Bei den Wahlen zum Studierendenparlament der Universität Hamburg im Januar schaffte Die Linke. SDS aus dem Stand über sieben Prozent, immerhin halb so viel wie die Juso-Hochschulgruppe und viermal mehr als der christdemokratische RCDS. Timann ist sich sicher, dass dieser Achtungserfolg nur ein erster Schritt war. Im Mai vergangenen Jahres hatten sich rund hundert Delegierte aus drei Dutzend Hochschulen in Frankfurt getroffen, um Die Linke.SDS zu gründen, mittlerweile gibt es Ortsgruppen an etwa 50 Hochschulen.

Die Verzahnung zwischen studentischen Kadern und der Mutterpartei ist eng: Im hessischen Landtagswahlkampf besuchte der Parteivorsitzende Oskar Lafontaine die Universitäten Gießen und Frankfurt, um dort um die Gunst der Studenten zu werben. In Hamburg ist die Spitzenkandidatin bei der Asta-Wahl zugleich Spitzenkandidatin der Partei in einem Stadtbezirk für die Bürgerschaftswahl. „Wir machen indirekt Wahlkampf für Die Linke auf dem Campus“, erklärt Serdar Damar, 28, von der Linken.SDS Frankfurt am Main.

Das Kalkül der Mutterpartei erscheint logisch: Die Linke ist in der Altersgruppe von 18 bis 34 Jahren unterrepräsentiert, ihre Parteifunktionäre rekrutieren sich in weiten Teilen aus alten DDR-Kadern im Osten und frustrierten Gewerkschaftern im Westen.

Der linke Hochschulverband soll deshalb „durch die Bedienung studentischer Klischees“ und durch den Auftritt einzelner „Vorzeige-Studierender“ für ein „etwas hipperes“ Erscheinungsbild der Partei sorgen, erläutert Nele Hirsch, bildungspolitische Sprecherin der Linken im Deutschen Bundestag, die Erwartung vieler Parteifunktionäre.

Der Hochschulverband sei demnach ein gutes Instrument, „um Vorstellungen der Linken an den Hochschulen zu propagieren und dort um Unterstützung zu werben“. Hirsch, 27, war selbst zunächst als Studentenvertreterin im Kampf gegen Studiengebühren aktiv, bevor sie für den Bundestag kandidierte. Bei anderen Studentenpolitikern lässt die massive Präsenz der Linken an den Hochschulen die Alarmglocken schrillen.

Denn die neuen Konkurrenten sind finanziell gut ausgestattet: Die Juso-Hochschulgruppe schätzt das Budget der Linken.SDS auf 100 000 Euro pro Jahr. Im Hamburger Uni-Wahlkampf verteilten die Linken rund 14 000 Flugblätter und stellten etwa hundert Plakatwände auf, der Vorsitzende Timann sieht sich und seine Mitstreiter „auf Augenhöhe mit den Jusos“.

Bei ihrem Werben um studentische Stimmen gerieren sich die Linken als wahre Erben der 68er: „SDS“ steht hier zwar für „Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband“, doch der Anklang zum historischen Vorbild, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund, ist durchaus gewollt. Für den Mai dieses Jahres bereitet Die Linke.SDS einen großen Kongress „40 Jahre 68“ vor. Slogan: „Die letzte Schlacht gewinnen wir!“ Ziel ist es, eine neue Studentenrevolte an den bundesdeutschen Hochschulen loszutreten.

Dabei sind, wie bei den Namensvettern, die Übergänge zur linksextremen Szene fließend. Die Linke saugt bisher verstreute Splittergruppen von marxistischen, linksautonomen und globalisierungskritischen Studenten auf. In einigen Bundesländern wird Die Linke.SDS, genau wie die „Linksjugend [’solid]“, verdächtigt, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen.

In Rheinland-Pfalz stehen die Organisationen, genauso wie die Mutterpartei, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Sie propagierten, so heißt es beim Verfassungsschutz, „die Errichtung einer neuen sozialistischen Gesellschaftsordnung als notwendiges Ziel und als gebotenen Ausweg aus der vermeintlichen Krise des kapitalistischen Systems“.

„Der harte Kern unserer Hochschulgruppe besteht im Moment zu 90 Prozent aus Marxisten“, erzählt Julia Meier vom Linke.SDS-Ableger in Freiburg. Sie macht nicht nur gegen Studiengebühren mobil, sondern auch gegen die Nato und die Ungerechtigkeiten der Globalisierung.

Für zermürbende Detailarbeit in den Hochschulgremien bleibt bei solch einer ideologischen Flughöhe kaum Platz. Lieber setzt Die Linke auf Protest und außerparlamentarische Opposition – Mitgestalten könnte das Selbstverständnis gefährden.

„Wenn ich die konstruktive Mitarbeit ablehne, verkenne ich die Realität an den Hochschulen“, kritisiert Christian Berg vom Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen. „Die Studenten erwarten konkrete Verbesserungen an ihren Universitäten und keinen populistischen Sozialkitsch.“

Tom Münster, 26-jähriger Sprecher der grünen Hochschulorganisation Campusgrün, baut auf die Einsicht seiner Kommilitonen: „Das ist eine Luftblase, die bald platzt. Auch Die Linke.SDS wird irgendwann von der Realität eingeholt werden.“.

 

 

Hamburger Medienschaufenster, 21.01.2008

http://www.hamburger-medienschaufenster.de/old-hms/artikel/2008/01/01-21-linksruck-an-der-uni-hamburg/01-20-linksruck-an-der-uni-hamburg.htm

 

Linksruck an der Universität Hamburg
SDS im Studierendenparlament

DIE LINKE.SDS geht von null auf vier und die CDU-Hochschulgruppe fliegt raus! Klares Zeichen gegen Studiengebühren und die Politik des CDU-Senats!DIE LINKE.SDS an der Universität Hamburg gewinnt als neue Liste mit 7,36% aller Stimmen 4 Sitze im Studierendenparlament. „REGENBOGEN/ Alternative Linke“ erzielte 7 Sitze, das linke „Fachschaftsbündnis“ 2 Sitze und „Liste Links“ einen Sitz. Auch die ebenfalls neue Hochschulgruppe CampusGrün hatte sich wie die LINKE an der Universität für den Boykott der Studiengebühren engagiert und 5 Sitze im Parlament erreicht. Damit haben alle Listen, die einen emanzipatorischen linken Wahlkampf gemacht haben, klar zugelegt.

Gitta Bockwold, Spitzenkandidatin von DIE LINKE.SDS, die auch für DIE LINKE als Spitzenkandidatin im Bezirk Eimsbüttel kandidiert: „DIE LINKE.SDS freut sich über das Wahlergebnis und wird weiter konsequent gegen Studiengebühren und soziale Ausgrenzung mit sozialen Bewegungen und Gewerkschaften kämpfen.“

Michael Grüttner, Vorstandsmitglied DIE LINKE.SDS: „Besonders freut uns, dass die Studierenden der Universität Hamburg der CDU-Hochschulgruppe eine kräftige Ohrfeige für die ausgrenzende Hochschulpolitik des Ole von Beust-Senats verpasst haben.“